Forstamtsleiter Jan Klüßendorf über das sechste Jahr im Kampf gegen den Borkenkäfer

Es ist ein sonniger Frühlingsmorgen, doch im Wald des Forstamtes Bad Berka herrscht keine heitere Stimmung. Der Borkenkäfer – allen voran der Buchdrucker – hat längst seine ersten Schwärme gestartet. Und wie in den vergangenen Jahren läuft die Zeit gegen den Wald.

„Wir gehen jetzt ins sechste Burgenkäferjahr“, sagt Jan Klüßendorf, Leiter des Forstamtes Bad Berka, im Gespräch. „Und noch immer reagieren viele Waldbesitzer zu spät – ob staatlich, privat oder kommunal.“ Dabei ist das Zeitfenster zur Rettung eines Baumes erschreckend klein.

Im Frühjahr beginnt das unscheinbare Drama: Der männliche Käfer bohrt sich meist in die Fichtenrinde und legt eine sogenannte Rammelkammer an. Dort verströmt er Pheromone, um Weibchen anzulocken. Nach der Paarung frisst das Weibchen einen Muttergang und legt dort ihre Eier ab. Die schlüpfenden Larven graben sich dann sternförmig durch das Holz – ein Bild, das dem Käfer den Namen „Buchdrucker“ eingebracht hat.

„Wenn wir erst eingreifen, wenn die Krone braun ist, ist es zu spät“, warnt Klüßendorf. „Dann ist der Käfer längst weitergezogen – und mit ihm eine neue Generation.“ Denn sobald die Jungkäfer sich entwickelt haben, fliegen sie aus und befallen die nächsten Bäume. Drei Generationen pro Jahr sind normal – in warmen Jahren sogar vier. Das bedeutet: aus einem einzigen befallenen Baum können binnen Monaten Zehntausende neue Käfer entstehen.

Um rechtzeitig reagieren zu können, arbeiten die Forstämter mit Monitorfallen. Diese enthalten Pheromone, die Käfer gezielt anlocken. „An warmen Tagen haben wir bis zu 6.000 Käfer pro Falle – pro Tag“, so Klüßendorf. „Heute waren es bis zum Mittag nur zwei – es war einfach zu kalt.“ Doch der erste Schwarmflug hat bereits begonnen.

Der Käfer ist nur wenige Millimeter groß, richtet aber enormen Schaden an. „Er zerstört das Kambium, die empfindliche Schicht zwischen Rinde und Holz, in der Wasser und Nährstoffe transportiert werden“, erklärt Klüßendorf. „Dazu kommt ein Pilz, den der Käfer einschleppt – die Larven fressen anfangs sogar davon, bevor sie selbst Kauwerkzeuge entwickeln.“

Erkennbar ist ein Befall oft nur an kleinen Zeichen: braunes Bohrmehl am Stammfuß, Harzfluss oder abgeplatzte Rinde. Auch Spechte sind ein Hinweis – sie schlagen gezielt auf Larven ein. „Wenn man solche Anzeichen sieht, muss der Baum gefällt und schnell aus dem Wald gebracht werden. Sonst entwickelt sich darunter die nächste Generation.“

Im Kampf gegen den Käfer setzt ThüringenForst auch auf digitale Unterstützung. Über eine App erfassen die Mitarbeiter vor Ort befallene Bäume samt Standort und Ausmaß. Harvester- und Rückefahrer können gezielt befallene Stellen anfahren. „Das hilft enorm, den Überblick zu behalten – gerade bei der Fläche, die wir überwachen müssen.“

Und was können Spaziergänger und Wanderer tun? „Die meisten erkennen einen Befall leider erst zu spät – wenn Nadeln rieseln oder Kronen braun werden“, sagt Klüßendorf. Dennoch freut man sich über Hinweise aus der Bevölkerung. „Aber am schnellsten sind meist wir selbst – oder unsere Jäger, Mitarbeiter oder Kollegen aus dem Revier.“

Dass der Borkenkäfer bleibt, daran hat Klüßendorf keinen Zweifel. „Früher hat man mit Giften aus der Luft gesprüht – das ist heute zurecht keine Option mehr.“ Stattdessen müsse man mit gezielter Überwachung, früher Reaktion und konsequentem Einschlag gegensteuern.

Deshalb wünscht er sich mehr politische Unterstützung: „Wir müssen die Entscheider ins Boot holen – kommunale wie landespolitische. Der Wald braucht Hilfe, bevor es zu spät ist.“

„Wenn wir erst im September handeln, ist es vorbei“, sagt er zum Schluss und blickt auf einen frisch gefällten Baum – befallen, aber noch rechtzeitig entnommen. „Der Käfer ist winzig. Aber seine Wirkung ist verheerend.“